Eine Doku über Adam Angst – warum, Julian Guttzeit?

Gestern geisterte sie durch die Timelines; die Doku über Adam Angst. Wir drehen die Kamera mal um 180 Grad und gucken uns den Typen an, der das Ding verzapft hat: Julian Guttzeit.

Julian, wie kam es dazu, dass Du die Adam-Angst-Doku gedreht hast?

Julian Guttzeit: Der Bassist der Band, Christian Kruse, hat mich ein paar Wochen vor der Tour angeschrieben und gefragt, ob ich für ADAM ANGST eine Tourdoku produzieren könnte. Während dessen war ich gerade für eine Imagefilm Produktion in Thailand, kam aber glücklicherweise einige Tage vor Tourstart wieder nach Hause um dann erneut die Sachen zu packen. Bei der Doku wurde mir freie Hand gelassen, da wir von Anfang an ziemlich gleiche Vorstellungen hatten, wie diese aussehen könnte. Lediglich die Länge war festgelegt und der Fokus sollte auf Behind-The-Scenes-Material liegen.

Techniknerdkram: Womit filmst Du?

Julian Guttzeit: Eines meiner Lieblingsthemen, Technik! Auf der Tour habe ich hauptsächlich mit einem Setup aus einer im Cage verschraubten Sony Alpha 7s ii, einem ATOMOS Ninja V Recorder und einer 16-35mm G Master Optik gedreht. Hinzu kam Zubehör wie ein kleines Aputure AL-MX LED Panel und ein Rode Video Mic Pro +. In den Moshpit habe ich jedoch eine GoPro 7 genommen. Der Hauptkamera sollte im besten Fall ja nichts passieren. Und bis auf dass ich kurz meinen Diffusor vom LED Panel in der Menge verloren hatte, ist der Technik auch nichts passiert. Glücklicherweise kam hinterher jemand aus dem Publikum auf mich zu und gab mir den wieder. Ansonsten habe ich auch gelegentlich mit dem iPhone XS in 4k gefilmt. In manchen Situationen hat man seine Kamera eben nicht sofort parat, steigt gerade erst verkatert aus der Koje oder möchte etwas „heimlich“ filmen (was natürlich alle wussten). Das ergibt hinterher auf jeden Fall sehr authentisches und echtes Material.

Was war die größte Herausforderung für Dich? Muss man den Leuten hinterherrennen, damit Du pro Tag genug Material kriegst?

Julian Guttzeit: Es ist einfach so viel passiert, dass ich kaum „Angst“ hatte nicht genug Material zu bekommen. Alleine an Interview Footage kamen insgesamt 2 Stunden zusammen. Nebenbei rockt sich Roman seine Hand runter, zündet sich Tim fast eine Ibu an oder Joe wird im Klo eingesperrt, wo kurz vorher noch geprobt wurde. Klar muss man versuchen immer überall zu sein, aber durch viel Routine ist das weniger Stress als man vielleicht vermutet. Ich glaube man braucht einfach ein gewisses Gespür dafür, wann wo etwas passieren könnte. Ab dann hält man die Kamera bereit, hat eventuell „Pre-Recording“ am Recorder eingeschaltet (somit werden immer 5 Sekunden aufgenommen, bevor man auf Record drückt) und los gehts. Zwischendurch schaut man immer nach Situationen, die man „besonders“ filmisch umsetzen könnte, so dass es so ausschaut als hätte man in einem Team mit mehreren Kameras gedreht.
Die größte Herausforderung war also weniger der eigentliche Dreh, sondern mehr die Postproduktion. Aus Material von 10 Tagen eine Doku zu schneiden, setzt auf jeden Fall eine gewisse Strukturierung voraus. Ansonsten findet man die passenden O-Töne zu passenden Szenen nicht oder verstrickt sich in ewigem Suchen. Deswegen habe ich den Hauptteil meiner Zeit damit verbracht, das Material zu sortieren und ein genaues Konzept zu verfassen, in dem stand was ich in welcher Stadt zeigen möchte.

Gibt es „gestellte“ Szenen abseits der 1:1-Interviews, die ohne Dein Beisein wahrschl nicht geschehen wären?

Julian Guttzeit: Gestellt ist nichts, außer man hat mich instrumentalisiert und belogen! Ob man das der Band zutraut, muss jeder nach dem schauen der Doku selbst beurteilen! Aber nein, ehrlich. In so ziemlich jeder gezeigten Situation war ich dabei und habe entweder mit meinem großen Kamerasetup, meinem Smartphone oder der GoPro gedreht. Einzige Ausnahme ist die Schwimmsession von Roman und Joe gewesen. Da war ich nicht dabei, sondern habe den Jungs einfach die GoPro mitgegeben. Die Gefahr etwas in der Venue zu verpassen, war mir zu groß.

Hat die Doku abseits des „Das ist in diesen Wochen passiert“ eine Metaebene? Eine Nachricht, die Du den Leuten mitgeben willst, die sich die Doku angucken?

Julian Guttzeit: Von einer Metaebene wüsste ich nichts. Bis auf, dass es der Band wichtig war echte Momente zu zeigen und ihre grandiose Crew vorzustellen, welche die Produktion jeden Abend aufs neue sehr hoch gefahren hat. Vom Backliner Tim, über den Lichtmann Eric, den Audiotechniker Basto und dem Tourmanager Björn. Darauf habe ich also einen gewissen Fokus gelegt. Ich habe während der Zeit alle von der Travelparty sehr ins Herz geschlossen. Sowohl die Band, als auch die Crew und alle Beteiligten!

Was oder wen filmst Du als nächstes?

Julian Guttzeit: Aktuell stehen mehrere Videoprojekte und Livestreams für verschiedene Auftraggeber Deutschlandweit an. Mal etwas anderes als Tourdokus. Aber trotzdem kommt man gut rum. Zu anstehenden Konzertfilmen / Dokus laufen gerade die Planungen, dazu kann ich bisher aber noch nichts verraten.

 

Foto: Charles Engelken / charlesengelken.de