Brand New & The Front Bottoms // Stollwerck, Köln (25.04.) & FZW, Dortmund (01.05.)

Brand New Jesse Lacey

Sie sind es. Sagen nicht ab. Stehen leibhaftig auf der Bühne. Gleich mehrmals. Fotografieren lassen wollten sich Brand New bei ihren Abstechern nach Köln und Dortmund trotzdem nicht. Aber mit Hingucken, -hören und Staunen war man bei diesen Konzerten eh reichlich ausgelastet.

HOODIE ENTENDU

Mini-Drumkit, ein Trompete-spielender Keyboard-Gitarrist sowie ein Frontmann auf Socken – klingt verschroben? Richtig! Der nerdige Indie-Rock von The Front Bottoms wirkt zunächst wie der Kontrapunkt zum eher geheimnisvollen und publikumsscheuen Habitus von Jesse Lacey und seinen Mannen. Doch nimmt man sich die Texte der Band vor, wird schnell klar, dass The Front Bottoms ganz gut in den Dunstkreis aus Brand New/Manchester Orchestra/Kevin Devine reinpassen – Jeder Textfetzen hier ist wohl gewählt. Oder um im BN-Kosmos zu bleiben: These are the words you wish you wrote down. Mit einer Extraportion Höflichkeit und Selbstironie macht sich die Band in beiden Städten neue Freunde, darf gerne wiederkommen.
Jesse Lacey Brand New

Erste Brand New Deutschland-Tour seit 2007

Das „gerne wiederkommen“ bekamen auch Brand New im Februar 2007 mit auf den Weg, taten sie aber nicht. Über den Teich reiste die Band seitdem wenn überhaupt für Shows in UK oder vereinzelte Festivals, aber Club-Shows in Deutschland: Fehlanzeige! Dementsprechend sieht man dem einen oder anderen Fanboy & -girl die angespannte Vorfreude an, „Ich glaub das erst, wenn die auf die Bühne kommen“ verkündet der Berufspessimist.
Mit „Vices“ (Köln) beziehungsweise „Sink“ (Dortmund) eröffnen Brand New auf dieser Tour einen 4-Song-Daisy-Block, sowohl Gitarrist Vince Accardi, der maßgeblich am Songwriting dieses Albums beteiligt war, als auch Bassist Garrett verstecken sich unter den Kapuzen ihrer Hoodies, ein hinter Amps versteckter zweiter Drummer sorgt für die Extraportion Schlagwerk.
Mit „Sic Transit Gloria“ der erste Überhit, das Publikum taut immer weiter auf, und auch die Band wird lockerer. In Dortmund kommen Jesse Jacey tatsächlich fünf zusammenhängende Sätze über die Lippen, er setzt sich sogar einen Hut aus dem Publikum auf, was bei dem eigenbrödlerischen Frontmann mit einem Striptease vor versammelter Mannschaft gleichzusetzen ist. Das Versprechen der baldigen Rückkehr wird so schnell nicht vergessen, bringt am besten gleich ein neues Album mit! Aber aller Lockerheit zum Trotz: die Kapus bleiben auf! Der in das Best-Of-„Deja Entendu“ eingemogelte Oldie „Seventy Times Seven“ (2001) wirkt ein wenig wie eine Pflichtaufgabe, scheint der Band geradezu peinlich zu sein.
Aber dann kommt es zur Kür: Auf Betriebstemperatur gespielt, erlebt man Brand New at their best mit den Songs von „The Devil And God Are Raging Inside Me“. Jesse Lacey ignoriert weiter konsequent jegliche Gesangslinien-Vorgaben, Accardi und Tierney spielen sich in Rage und vergessen gar, die Kapuzen wieder geradezurücken, Zwischenparts ufern in Feedbacks aus, die Songs werden länger und länger, der Lautstärkepegel baut sich zur Wand auf. Die abschließenden „Degausser“ und „You Won’t Know“ eine 15-minütige Orgie. Eine Mischung aus ungläubigem Staunen und johlender Extase verabschiedet Brand New – und selbst der Berufspessimist kriegt die Mundwinkel nicht Richtung Süden gebogen.
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