Interview mit Twin Atlantic

Jüngst veröffentlichen Twin Atlantic ihr neues Album „GLA“. Wir sprachen mit Bassist Ross über den Erfolg, Glasgow und ihr Fotobuch „Photographic Record“.

GETADDICTED: Viele Dinge haben sich geändert seit ihr „Great Divide“ veröffentlicht habt. Wieso war dieses Album so erfolgreich? Was war anders?
Ross: Ich denke, viele Leute haben einfach darauf gewartet, dass etwas Neues kommt. Als wir „Free“ veröffentlicht haben, wusste noch niemand wer wir sind. Es war Timing und es waren viele Songs auf dem Album, die Rock und Pop vereinten – dadurch konnten wir zwei Zielgruppen ansprechen. So war es zwar nicht geplant, aber so ist es passiert. Wir sind zwar stolz auf das Album, aber wir kamen alle an den Punkt, an dem wir dachten, das wir so nicht werden wollten.
GETADDICTED: Nach „Great Divide“ habt ihr überlegt euch zu trennen, da es sich angefühlt hat wie der Höhepunkt eurer Karriere. Nach der Veröffentlichung von „Gla“ und auch hinsichtlich der letzten Jahre sieht man, dass es das nicht war.
Ross: Mit jedem Album will man sich natürlich steigern – etwas Neues ausprobieren und für mehr Leute spielen. Als wir mit der Tour für „Great Divide“ fertig waren, haben wir in Konzerthallen gespielt, die so groß waren, dass wir keine Ahnung hatten, ob es überhaupt noch größer geht. Wir dachten, dass es das Ende ist, dass wir unser Ziel erreicht hatten. Dieses Album hat uns gezeigt, dass auf jeden Fall noch mehr geht. Es hat uns gezeigt, wer wir sind und was wir wollen. Zum ersten Mal haben wir nicht versucht, damit irgendwas zu erreichen. Wir haben uns nicht vorgestellt, wo wir damit spielen werden, wie es sich anfühlt, wenn Fans diese Lieder singen oder wenn sie im Radio gespielt werden. Es ist erfrischt, sich über so Sachen keine Sorgen zu machen.
GETADDICTED: Gute Überleitung zur nächsten Frage: Glaubt ihr, dass ihr euch im Laufe eurer Karriere verloren und mit diesem Album wiedergefunden habt?
Ross: Ja, das glaube ich wirklich. Wir sind zwar auf alles stolz, was wir gemacht haben, aber ich denke wir haben aus dem Blick verloren, wieso wir eigentlich Musik machen. Wie gesagt, war es eher ein Spiel für uns, was wir noch erreichen können, als das zu machen, was wir lieben und zu hoffen, dass andere es mögen. Du hast vollkommen recht: Es ist wie ein „Auferstehen“ – die Erkenntnis, wieso wir überhaupt mit Musik angefangen haben. Diese Musik mögen wir. Es ist eine Wiederkehr zu der Musik, die wir selbst mochten als wir jünger waren.
GETADDICTED: Euer neues Album handelt von eurer Heimatstadt, Glasgow. Was macht Glasgow einzigartig? Eigentlich findet ja jeder, dass die Stadt, aus der er kommt, die beste ist.
Ross: Das stimmt, jeder glaubt, dass seine Heimatstadt die beste ist. Die Leute in Glasgow sind wahrscheinlich auch nicht anders als die Leute hier: Sie sind sehr hilfsbereit, nehmen sich selbst nicht zu ernst und sind bodenständig. Wo man sich auskennt, fühlt man sich wohl. Es ist auch nicht unbedingt ein Album über Glasgow, sondern über das Gefühl dort zu leben. Wir haben niemals zuvor ein Album dort geschrieben und diesen Prozess konnten wir in unseren normalen Alltag einbauen. Das hört man sehr gut auf dem Album, deswegen hat es sich richtig angefühlt es auch so zu nennen. Es geht um die Leidenschaft, die man für seine Heimat fühlt.
GETADDICTED: Was sollte man in Glasgow gesehen haben?
Ross: Es gibt einen Pub, in den wir sehr gerne gehen. Er heißt „The Allison Arms“. Es ist ein „alte Männer Pub“, aber das Viertel, in dem wir leben, ist gerade im Aufschwung und viele junge Leute ziehen dahin, weil es einfach günstiger ist. Und dieses Traditionelle und das Neue verbinden sich dort, es ist großartig. Toller Pub. Das Beste dran: Sie haben einen riesengroßen Kühlschrank aus dem ganz viel deutsches Bier verkauft wird – das ist natürlich auch toll. Außerdem sind drei von uns Vegetarier und Glasgow ist die beste Stadt, um Vegetarier zu sein, da es dort mehr vegetarische Restaurants gibt als sonst irgendwo in England: Mono, The 78, The 13th Note. Es gibt dort tolle Orte, um essen zu gehen.

Twin Atlantic - Photographic Record
GETADDICTED: Euer Schlagzeuger Craig hat ein Fotobuch veröffentlicht, das „Photographic Record“ heißt. Das ist in Deutschland an uns vorbei gegangen…
Ross: Ja, wir haben es auch nicht so prominent platziert. Es kam als limitierte Auflage mit gerade mal 500 Büchern raus. Die gingen schnell weg und wir werden immer noch gefragt, wo es das Buch zu kaufen gibt. Ich weiß nicht, ob Craig eine zweite Auflage machen will oder einfach ein neues Buch macht. Die ersten Fotos sind aus einer Zeit, in der wir als Band noch nicht genau wussten, was wir machen. Wir waren unbekannt, haben vor sehr wenig Leute gespielt – und es zeigt sehr schön die Reise von diesem Punkt bis jetzt. Craig als Fotograf wird auch besser, wie auch wir als Band besser werden im Laufe des Buches. Es ist also eine coole Reise auf mehreren Ebenen – nicht nur unsere, sondern auch seine als Fotograf. Überwiegend haben wir Craig freien Lauf bei der Auswahl der Fotos gelassen. Er hat eine gute Auswahl getroffen, aber davon abgesehen unsere schlimmsten Moment reinzupacken… Und davon gab es viele.
GETADDICTED: Wie könnt ihr befreundet bleiben, obwohl ihr so viel Zeit miteinander verbringt? Es ist ja etwas anderes miteinander zu arbeiten.
Ross: Sam und ich sind schon befreundet seitdem wir sehr jung waren, deswegen sind wir eher Brüder als Freunde. Wir wissen einfach, wann der andere Zeit für sich braucht oder nicht so gut gelaunt ist. Dasselbe gilt für Craig und Barry. Wir verbringen so viel Zeit miteinander, dass es unsere Freundschaft auf ein neues Level bringt. Wir müssen nicht mehr über Dinge reden – wir wissen sie einfach. Wir sind auch sehr gut darin Streits zu vermeiden. Selbst wenn es mal passiert, reden wir offen darüber und innerhalb von einer Stunde hat es sich erledigt. Wenn man so viel Zeit auf so engem Raum verbringt, hat man auch gar keine andere Wahl. Aber um ehrlich zu sein, streiten wir sowieso sehr selten.
GETADDICTED: Habt ihr euch durch den Erfolg verändert?
Ross: Wir haben ein Selbstbewusstsein, das wir vorher nicht hatten. Es ist generell in Glasgow oder Schottland so, dass wenn man abhebt und sich etwas auf den Erfolg einbildet, es einem gesagt wird. Man wird wieder geerdet durch die Menschen. Wir sind zwar nicht die größte Band der Welt, aber wir haben unsere Fanbase, die mag was wir machen und gemacht haben und das hat uns das Selbstbewusstsein gegeben, zu machen, was wir wollen. Ich glaube, wenn Leute sich durch den Erfolg verändern, ist es nicht mal ihre Schuld. Wenn man große Arenen spielt und jeder nur „Ja und Amen“ sagt, dann verändert das einen natürlich. Es muss Leute geben, die dir offen und ehrlich sagen, wie es aussieht und das man sich nicht so gegenüber anderen Menschen verhalten kann.