Das war das Underground – Bands erinnern sich

Die letzte Show im Underground in Köln ist gespielt. Einer der legendärsten Clubs schließt. Zeit, ein bisschen wehmütig zurückzublicken.

Ingo Knollmann // Donots

Ingo Donot

Ingo Donot

Ich bin wirklich traurig, dass einer der schönsten und legendärsten Clubs in ganz Deutschland schließt. Seit unserer ersten Underground-Show zusammen mit den Beatsteaks 1999 habe ich locker über 50 Konzerte dort gesehen. Erinnern tu ich mich allerdings seit dem letzten Dwarves-Konzert dort nur noch an den Penis von Nick Oliveri, der die ganze Show lang direkt vor meiner Nase bis runter zu meinem Bauchnabel baumelte. Seitdem gehe ich wöchentlich zu einem Gesprächskreis.

Aydo Abay

Aydo Abay

Aydo Abay

Es ist immer schade, wenn Kultur und Kunst weichen müssen. Egal wofür. Mensch muss andere Menschen treffen, feiern, sich austauschen, sich inspirieren und/berieseln lassen. Sonst wird Mensch dumm.
Im Underground ging das immer ganz gut.

Joey Cape // Lagwagon

It is a magical place. Es ist ungewöhnlich für ein Leben wie meins, 25 Jahre lang immer wieder zur selben Location zu kommen. Das ist unglaublich selten. Die anderen Läden auf der Welt wie dieser sind schon alle weg. Was das Underground einzigartig macht: Hier habe ich einige meiner engsten Freunde in Deutschland kennen gelernt. Ich komme nicht hierhin, um ein Konzert zu spielen. Ich komme hier hin, um meine Freunde zu sehen.

Elf // Slime

Slime

Slime

Ich habe mit verschiedenen Bands im Underground gespielt,also mit Rubberslime, Die Mimmi’s, Abwärts. Als wir 2015 mit den Mimmi’s und den Abstürzenden Brieftauben Soundcheck machten, gab es ein derbes Problem mit den Stromleitungen, d.h. man kriegte jedesmal wenn man an’s Mikro kam, richtig einen gewischt. Der Techniker hat das Problem versucht zu eliminieren, konnte den Fehler aber nicht finden. Also haben wir uns den Sender von den Tauben geliehen, der Techniker hat einen zweiten von einem Kumpel besorgt und so konnte der Gig dann stattfinden. Anders wäre es nicht ohne Herzinfarkt gegangen. Wir werden das Underground vermissen. Fuck Gentrification!

David Schumann // KMPFSPRT

David Schumann // KMPFPSPRT

David Schumann // KMPFPSPRT

Als ich Ende der 90er nach Köln gezogen bin, war das Underground – neben vielen anderen Clubs und Bars, die es heute zum Großteil leider auch nicht mehr gibt – der erste Ort, an dem ich mich richtig Zuhause gefühlt habe. Egal ob bei Konzerten von Hot Water Music, Alkaline Trio, Grade und Co, oder bei Nächten im Biergarten und an der Theke – ich hatte immer das Gefühl, von mehr oder weniger Gleichgesinnten umgeben zu sein, von Leuten, denen es ähnlich ergeht wie mir, die keinen Bock hatten, das langweilige Mainstream-Leben mitzumachen, und die stattdessen Aufregung, Inspiration und eine echte Alternative suchten, einen wie auch immer gearteten Untergrund und eine lebendige Subkultur eben. Ich weiß wirklich nicht mehr, wie viele Shows ich in den letzten 20 Jahren dort gesehen oder selber gespielt habe, wie oft ich dort abgestürzt bin oder einfach nur eine großartige Zeit hatte, aber eins ist sicher: Das Underground wird fehlen. Nicht nur mir und meinen Freunden, auch der Stadt Köln, die scheinbar alles daran setzt, genau die Orte zu schließen und abzuschaffen, die die Stadt zu dem machen und machten, was sie eigentlich immer war und weiterhin sein sollte: Der gottverdammten Perle am Rhein, dem sympathischeren Gegenentwurf zum hippen Berlin und dem Ort, an dem neue Bands, Künstler und Kreative, die nicht bloß in Werbeagenturen angestellt sein wollen, wie Pilze aus dem Boden schießen. Ich habe das Underground bis zum Ende sehr gemocht, auch wenn ich mit der immer gleichen Playlist auf dem Dancefloor schon lange nichts mehr anfangen konnte. Wenn es einen Ort gab, den man auch um 5 Uhr morgens noch auf ein letztes Bier aufsuchen konnte, und in dem es trotzdem irgendwie auszuhalten war, war es eben doch immer wieder das Underground, auch wenn man es oft nicht weiter als bis zum Biergarten geschafft hat. Die Playlist, ich erwähnte sie. Aber das war egal. Bis zum Ende spielten die besten Bands ihre besten Konzerte im Underground. Und auch mit KMPFSPRT hatten wir dort unsere besten Shows, gekoppelt mit den besten Aftershowpartys, dem nettesten Thekenpersonal und einem Backstage-WLAN, das bis in den Club hineinreichte. Sorry, für diese nerdige Randnotiz, aber das Datenvolumen ist auf Tour immer knapp. Was bleibt also, als zu sagen, dass ein wichtiger Punkt auf der Landkarte für immer verschwindet? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass Köln ohne das Underground ein ärmerer Ort sein wird. Und das find ich verdammt schade. Rest in Peace, liebes UG. Deine Erinnerung bleibt unvergessen, vor allem die, als mir ca. 1997 jemand beim Blink-182-Konzert auf die Schuhe kotzte. Er hatte halt zu viel Spaß. Ich auch. Trotzdem. Goodbye.

Felix // Adam Angst

Felix // Adam Angst

Felix // Adam Angst

Zum Underground gibt es Tausende von Geschichten, z.B. haben wir da unsere Release-Party gefeiert und somit eines unserer ersten Konzerte gespielt. Außerdem arbeitet unser Tourmanager da schon seit etlichen Jahren an der Theke. So oder so war das Underground immer so was wie diese etwas schäbige, aber sympathische Kifferbude des Freundes, der schon eine eigene Wohnung hatte und bei dem man immer abhängen konnte. Eben der Laden, der „noch offen hat“. Immer wenn man eigentlich nach Hause gehen sollte, ist man am Ende doch noch da gelandet und hat sich diese etwas merkwürdige und viel zu laute Mischung aus Rage against the Machine, Radiohead und undefinierbarem Metalcore angetan. Natürlich ist es scheiße, wenn Clubs sterben, denn es kommt in der Regel nichts nach, was eine gute Alternative darstellt. Naja, in diesem Fall ist es eine Schule, hätte auch schlimmer kommen können. Eine Wurstfabrik z.B…Wobei Schulen aber natürlich auch hin und wieder Würste produzieren…Wirst mir fehlen, Underground.

Lookie // The Prosecution

Lookie // The Prosecution

Lookie // The Prosecution

Ich möchte eine Geschichte zum Underground in Köln erzählen, auf die ich nicht besonders stolz bin. Aber sie verbindet mich dann doch irgendwie mit dem Laden. Wir (The Prosecution) waren 2016 mit Talco auf Tour. Die Tour lief richtig gut. Unsere letzte Show mit Talco sollte in Köln in der Live Music Hall sein. Es war also klar, dass wir zum Tourabschluss noch mal richtig feiern mussten. Gesagt getan. Glücklicher Zufall war, dass wir im Underground in der Band-Flat pennen konnten und wir eh alle vereinbart hatten, nach der Show noch ins Underground zu gehen. Ich hab mich dann irgendwann von allen verabschiedet und bin nach oben ins Bett gegangen. Bis dahin war alles ein guter Abend. Irgendwann bin ich jedoch wieder wach geworden, weil mich jemand fremdes an der Schulter gepackt hatte. „Alter zieh dir Schuhe an. Hier sind überall Scherben am Boden“. Ich total verwirrt wo ich bin, sehe mich um.. Keine Brille auf. Verdammt wo bin ich? Ich gucke an mir runter und merke, dass ich nur mit Boxershorts und Shirt bekleidet bin. Zu allem Überfluss hatte ich auch noch Shorts von der Sorte „Hosenknopf defekt“ an. Ich bedecke meine Scham und folge einem grünen Notausgangs-Schild, welches ich ohne Brille in dem dunklen Club entdecken kann. Auf dem Weg nach draußen dämmert mir, dass ich wohl wieder im Underground gelandet bin. Warum auch immer. Vor der Tür entdecke ich meine Jungs, welche mich, nach dem sie mich ordentlich ausgelacht haben wieder ins Bett bringen. Wie genau ich im Schlaf in das Underground gekommen bin, bleibt eins der größten Rätsel meines Lebens. So mega voll war ich eigentlich nicht. Dachte ich.

Die Abschieds-Show von Joey Cape im Underground

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