Coming Of Age mit den Menzingers – Tom May im Interview

Das neue Menzingers-Album „After The Party“ ist ein vertontes „Coming Of Age“. Deswegen gehen wir im Interview mit Gitarrist und Sänger Tom May auf Zeitreise – in dessen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Interview mit Tom May (The Menzingers)

GETADDICTED: Tom, Nenn uns 5 (oder mehr) Bands, die Du als 19-Jähriger rauf und runter gehört hast.
Tom May/Menzingers: The Bouncing Souls – How I Spent My Summer Vacation
Bob Dylan – Eine Art Mix seiner größten Hits, den mir diese Person gab, kurz bevor sie mit mir Schluss machte, um mit so einem Verbindungstypen zusammen kommen. In der Nachbetrachtung völlig verständlich: Ich ein zugekiffter Siffpunk, ständig pleite, und sie wollte sich wahrscheinlich nur an ihren Eltern für deren Langweiligkeit rächen.
The Clash – London Calling
Simon and Garfunkel – Greatest Hits
The Slackers – Close My Eyes
GETADDICTED: Und jetzt 5 Bands, die aktuell in Deiner Heavy Rotation sind.
Tom May: Roger Harvey – Twelve Houses
Thin Lizzy – Jailbreak
The Clash – Sandinista
The Mountain Goats – The Sunset Tree
Bloc Party – Hymns

Sich sorgen ist zu beten, dass etwas Schlimmes passiert.

GETADDICTED: Was würdest Du Deinem 19-jährigen Ich heute mit auf den Weg geben?
Tom May/Menzingers: Zunächst einmal möchte ich klar stellen, dass der 19-jährige Tom mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht ein My auf den Rat des 30-jährigen Toms gehört hätte. Er würde definitiv cool finden, was aus mir geworden ist, aber dazu gehörten halt auch einige schwerwiegende, sowas von unüberlegte Fehler und völlig unerwarterte Erfolgsgeschichten, die mich geprägt haben. Aber okay, ich geb mein Bestes, um wie ein spießiger Vater oder Vorgesetzter zu klingen.
1. Komm aus dem Arsch! Die Welt schuldet weder Dir noch irgendjemand anderem nur das kleine beschissene Fitzel, also hör auf, zu lamentieren! Du kannst soviele Sachen machen – nun, wenn Du sie machst. Also beeil Dich, verfickt noch mal. Und hol mir ein Bier!
2. 99% der Probleme, die Du gerade hast, sind Deine Schuld. Hör auf, den Rest der Welt für Deine Versäumnisse verantwortlich zu machen und nimm die Zügel in die Hand. Und jetzt bring den Müll raus, es riecht da drin so langsam nach Deinen Freunden.
3. Geh rüber uns sprich mit ihr! Sie ist ein Mensch mit einzigartigen Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen. Das schlimmste, was passieren kann, ist eine angenehme, kurze und leicht merkwürdige Unterhaltung. Das Leben ist eine einzige ewige leicht merkwürdige Unterhaltung. Lass Dir ihre Nummer geben und ruf sie dann auch an – Du kennst Textnachrichten noch nicht.
4. Wo wir dabei sind – in ein paar Jahren wirst Du etwas wunderschönes gemeinsam mit jemandem erleben. Du wirst es desaströs vergeigen. Damit meine ich „Ich hab meine Apple-Aktien 1980 für 800$ verkauft“-desaströs. Ich glaube jedoch, dass Du dieses Desaster brauchst. Alles OK, Ihr werdet beide gut da rauskommen.
5. Mach Dir nicht so viele Sorgen. Sich sorgen ist zu beten, dass etwas Schlimmes passiert. Liebe Deine Mitmenschen und geh mit dem Fluss. Alles wird gut.
GETADDICTED: Wie stellte sich der 19-jährige Tom sein Leben mit 30 vor?
Tom May/Menzingers: „Wo ist mein fliegendes Auto, verdammt noch mal? Gras ist immer noch nicht legal? Und ernsthaft: Donald Trump ist der verfickte Präsident!? Amerikas kriegsgetriebenes, von Grund auf habsüchtiges, kapitalistisches System hätte kollabieren sollen und von einer auf Humanismus und Gerechtigkeit basierenden Revolution des Volkes ersetzt werden sollen. Die Zukunft stinkt!“
Ich war in dem Alter ein ziemlicher Tagträumer. Wenn ich mich richtig erinnere, dachte ich damals, dass ich ein Leben führe würde, das meinem aktuellen ziemlich ähnelt: Ich spiele und bereise die Welt mit meinen Freunden. Ich dachte, ich hätte mittlerweile ein paar Bücher und Filme geschrieben und ein paar Erfindungen sowie diverse ähnlich glamouröse und wahnwitzige Errungenschaften würden auf meine Kappe gehen. Aber wir haben ja noch ein bisschen Zeit, oder?
GETADDICTED: Wenn Du eine Sache der letzten zehn Jahre ungeschehen machen könntest – was wäre es?
Tom May/Menzingers: Ich glaube, dann lösche ich die unzählbaren Stunden voller stumpfsinniger Scheiße wie: alleine Videospiele zu zocken, nonstop F5 bei Facebook zu drücken oder frivolen Kram im Netz anzugucken. Es hat mir nullkommanichts gebracht. Und um ehrlich zu sein auch nicht wirklich Spaß gemacht. Na gut, ich hab ein oder zwei Jahre Call of Duty gespielt und das war wirklich richtig spaßig, aber das war’s dann auch. Ich wünschte, ich hätte diese Zeit stattdessen mit Spanischlernen oder Gitarreüben verbracht. Aber das ist halt so: Im Nachhinein weiß man alles besser.
Vielleicht hätte ich eher mit dem Rauchen aufhören sollen? Oder gar nicht erst angefangen? Jedoch: Ich hatte eine verdammt gute Zeit und tolle Unterhaltungen während ich rauchte. Die Kippen und ich sind ganz alte Kumpels, weißte?
GETADDICTED: Die Descendents haben einst „When I get old“ geschrieben. Welche Fragen stellst Du Dir heute, wenn Du übers Altern nachdenkst?
Nun, ich hoffe, dass ich weiter dazu lerne und immer wieder Arten und Weisen entdecke, die Leute um mich herum zu lieben. Und hey…Drogen! Es ist wirklich an der Zeit für ein neues Halluzinogen oder eine Methode, unser Bewusstsein zu erweitern. Verdammt, oder einfach nur ein wenig lockerer zu werden, weißt Du?
Eine Sache, die mich nicht loslässt: Wo steuern wir im Transhumanismus hin? Bionik wird nicht mit Fitness-Armbändern und VR-Brillen aufhören. Völlige biometrische Überwachung in Echtzeit? Die totale Verschmelzung von Bewusstsein und Software? Dass es noch in meiner Lebenszeit durch Technologie ermöglichte Telekinese oder Telepathie geben wird, ist sehr gut möglich. Was, wenn wir unser Bewusstsein unsere alten, faltenärschigen Körper überleben lassen können. Ich hoffe, dass dies die noralischen Fragen sind, die unsere Generation prägen werden. Lass uns hoffen, dass wir den Laden hier nicht vorher noch zu Grunde gehen lassen.
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